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Info
Ausstellung

Lucy McKenzie – Prime Suspect

bis
Werkabbildung zu 'May of Teck' von Lucy McKenzie aus der Ausstellung 'Lucy McKenzie - Prime Suspect' im Museum Brandhorst

Lucy McKenzie (geb. 1977 in Glasgow), bekannt für ihren malerischen Einsatz illusionistischer Trompe-l'oeil-Effekte, etablierte sich schnell als eine der bemerkenswertesten Künstlerinnen ihrer Generation. Die in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin selbst entwickelte Ausstellung untersucht mit über 80 Werken aus der Zeit von 1997 bis heute erstmals den gesamten Umfang ihres Schaffens.

Ausstellungs­info

Laufzeit

bis

Kuratiert von

Jacob Proctor

Über die Ausstellung

Lucy McKenzie appropriiert Bilder, Objekte und Motive aus der Architektur- und Designgeschichte, aus Literatur, Musik und Film, ebenso wie aus Mode, Politik und Sport. Sie verändert diese Ausgangsmaterialien mit altmodischen Techniken der dekorativen Malerei des 19. Jahrhunderts und schafft dabei überraschende neue Konstellationen, die eine alternative Geschichte der Malerei beleuchten, die das Volkssprachliche, das Häusliche und das Kollaborative betonen. Die sogenannten “Angewandten Künste” tauchen bei ihr als Protagonisten einer Erzählung auf, die von den etablierten Chronologien der Avantgarde und der modernen Kunst abweicht.

 

Obwohl McKenzie als Malerin bekannt ist, umfasst ihr Werk auch Zeichnungen, Texte, skulpturale Objekte und Videos. Ihre Praxis, die oft kollaborativ und interdisziplinär ist, geht nicht selten über den Galerieraum hinaus, und hat unter anderem zur Gründung eines Plattenlabels, einer Bar und einer erfolgreichen Modelinie geführt. Die Ausstellung, die in enger Zusammenarbeit mit der Künstlerin selbst entsteht, bietet die Möglichkeit, das gesamte Spektrum ihrer Arbeit erstmals an einem Ort zusammenzubringen.

 

Mit über 80 Werken von 1997 bis heute wird die Ausstellung die gesamte untere Ebene des Museums Brandhorst einschließlich der Mediengalerien füllen. Beispiele aus allen bedeutenden Werkgruppen der Künstlerin sind versammelt, angefangen bei frühen Gemälden, die sich auf Popmusik und die Olympischen Spiele in der Ära des Kalten Krieges beziehen, über ihre anschließende Auseinandersetzung mit den Traditionen der schottischen und osteuropäischen Wandmalerei und der belgischen Illustration und Typografie bis zu großformatigen Gemälden, die auf Grundlage von historischen Baustilen entstanden. Ebenfalls enthalten sind Werke aus ihrem kollaborativen Modelabel und Forschungsbüro Atelier E.B. und jüngste Arbeiten, die die Grenzen zwischen Malerei, Skulptur und Möbel verwischen und zum Teil speziell für die Ausstellung entwickelt werden.

Besucherinnen vor Lucy McKenzies Werk „May of Teck“ (2010) in der Ausstellung „Lucy McKenzie – Prime Suspect“
Besucherin vor Lucy McKenzies Werk „Faux Shop“ (2018) in der Ausstellung „Lucy McKenzie – Prime Suspect“
Besucherinnen in der Ausstellung „Lucy McKenzie – Prime Suspect“. Gezeigte Werke (v.l.n.r.): „Arcade 2“ (2019), „Rebecca“ (2019), „Ghent-Sint-Pieters“ (2017)
Besucherin vor Lucy McKenzies Werk „Glasgow 1938 1966“ (2017) in der Ausstellung „Lucy McKenzie – Prime Suspect“

Architektur

Die meisten Häuser werden im Laufe der Jahre von verschiedenen Menschen bewohnt. Alle Bewohner, egal in welchem Lebenszyklus, prägen die Architektur durch ihre jeweiligen Geschmäcker und Anliegen. Manchmal hingegen wird sie von vornherein auf die Bedürfnisse bestimmter Personen zugeschnitten, nach deren Wünschen entworfen und errichtet. Beide Modi des Wohnens und Gestaltens interessieren die Künstlerin Lucy McKenzie. Auf ihren Reisen durch die letzten 200 Jahre Architekturgeschichte und -praxis hat sie immer auch die Spuren der Zeit im Blick: Mittels angeeigneter Techniken überführt sie Elemente vergangener Stilrichtungen in ursprungsfremde Kontexte, pflegt historische Überlagerungen ein und arbeitet gesellschaftskritische Aspekte der originalen Arbeiten – pointiert bis provokant – durch ihr Hinzutun heraus. Das ist in einer ihrer Werkreihen sichtbar, bei der sie Interieur-Zeichnungen aus der Zeit um 1900 maßstabsgetreu auf große Leinwände überträgt – um zu sehen, wie es sich anfühlt, „in einer Zeichnung zu sein“. Genauso lässt sich dies in McKenzies Wandmalereien erkennen: diese betrachtet sie nicht nur im politischen Sinn als eine typisch propagandistische Kunstform, sondern scheint sie als eine Form der Verschleierung und Wiederentdeckung eines architektonischen „Fehlers“ oder einer Ideologie auszulegen.

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„Es gibt keinen Moment in der Geschichte, in dem alles nur zeitgenössisch ist.“

Lucy McKenzie

Gender-Politik und Feminismus

Kein Projekt von Lucy McKenzie kann losgelöst von der Auseinandersetzung mit Gender-Politik und weiblicher Selbstbestimmung begriffen werden. Schon sehr früh hat sich die Künstlerin mit Darstellungen von Frauen in der Mode, im Sport, in der Architektur und Literatur beschäftigt. Sie wendet verschiedene Strategien an,  um Sexismus und  Frauenfeindlichkeit auf pointierte, oft satirische Weisezu entlarven und zu kritisieren. Wie McKenzie selbst sagt, geht es ihr immer um den Versuch, fiktive weibliche Identitäten zu absorbieren oder sie neu zu interpretieren. Ganz offen stellt sie weibliche Sexualität in den Vordergrund – beispielsweise durch die Darstellung von Masturbation oder von Menstruation. Wenn sie andere Künstlerinnen und Autorinnen in den Fokus ihrer Arbeit nimmt, dann nicht um diesen zu schmeicheln, sondern um existierende Bildkulturen und Gendernormen herauszufordern. McKenzie interessiert sich für Frauen wie Agatha Christie, Muriel Spark oder Madeleine Vionnet. Jede von ihnen steht für technische Brillanz, eine konsequente Haltung und eine präzise Auffassungsgabe.

Publikation

Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher und reich bebilderter Katalog, der die erste systematische Darstellung und wissenschaftliche Analyse von Lucy McKenzies Werk bietet. Neben einem Essay des Ausstellungskurators Jacob Proctor enthält der Katalog Beiträge international renommierter Künstler:innen, Kritiker:innen und Kunst- und Kulturhistoriker:innen. Er erscheint in zwei Ausgaben (Deutsch, Englisch) und wird sich als Standardwerk für die weitere internationale und interdisziplinäre Auseinandersetzung mit McKenzies Werk etablieren.