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Essay

Wie die Sammlung Brandhorst ins Museum fand

Ausstellungsansicht Museum brandhorst mit Werken von Cy Twombly Wie die Sammlung Brandhorst ins Museum fand

Einleitender Text

Vor zehn Jahren entstand das Museum Brandhorst. Die Sammlung, die ihm zugrunde liegt, ist viel älter. Ihre Geschichte begann im Jahr 1972.

Essay

Collecting is good for relationships.
– Cy Twombly

 

Anette Petersen, spätere Brandhorst, und Udo Brandhorst waren gerade nach Köln gezogen. Kennengelernt hatten sie sich 1965 in München, und schon bald entdeckten sie ihre gemeinsame Leidenschaft: das Sammeln von Kunst. Es gab einige sporadische Ankäufe aus der klassischen Moderne – aber da die Preise davongaloppierten, war beiden klar, dass sie in diesem Bereich keine bedeutende Sammlung aufbauen konnten. Also entschieden sie sich für Gegenwartskunst. Auf diesem Feld hatten die beiden denselben Favoriten: den US-Amerikaner Cy Twombly.

 

Den Auftakt bildete das Gemälde „Orion III (New York City)“ (1968). Zwischen dem Paar und Twombly entwickelte sich eine tiefe Freundschaft, die auch dazu führte, dass die Brandhorsts viele seiner Arbeiten bereits in seinem Studio zu sehen bekamen. Aber Twombly war nur einer der Schwerpunkte der jungen Sammlung. In kurzer Zeit sammelten Udo und Anette Brandhorst eine beeindruckende Menge an Werken der Neo-Avantgarde der 1960er- und 1970er-Jahre von Künstlern wie Georg Baselitz, Sigmar Polke, Gerhard Richter, Joseph Beuys und Bruce Nauman. Heute bildet dieser Teil eine kongeniale Ergänzung zur Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne, die ebenfalls zu den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen gehört.

 

In den 1980er- und 1990er-Jahren erweiterte sich die Sammeltätigkeit des Paares. In den Fokus seines Interesses rückte nun das, was zuweilen „kritische Postmoderne“ genannt wird: jene Weiterführung der Neo-Avantgarde, die sich auf die dunklen, abgründigen Aspekte des kapitalistischen Lebensstils konzentriert. Nun kamen Künstlerinnen und Künstler wie Mike Kelley, Cady Noland, Jeff Koons, Katharina Fritsch, Robert Gober und Damien Hirst in die Sammlung. Später entstand dann mit Andy Warhol noch ein zweiter großer Schwerpunkt. Heute besitzt die Sammlung Brandhorst mit mehr als 120 Werken die bedeutendste Auswahl an  Warhol-Arbeiten außerhalb der Vereinigten  Staaten.

 

1993 wurde die Udo und Anette Brandhorst Stiftung gegründet, 1999 eine Kooperationsvereinbarung zwischen der Stiftung und dem Freistaat Bayern unterzeichnet – die Grundlage des Museums, das zehn Jahre später eröffnet werden sollte und dessen Aufgabe es unter anderem ist, die Sammlung zu bewahren, zu erforschen und der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Sammeltätigkeit der Stiftung geht unterdessen kontinuierlich weiter. In den letzten zehn Jahren ist die Sammlung von rund 700 Werken auf über 1.200 angewachsen. In der jüngsten Vergangenheit waren es Künstlerinnen und Künstler wie Amy Sillman, Jutta Koether, Wolfgang Tillmans und Arthur Jafa, deren Arbeiten angekauft wurden. Damit entstand ein Korpus, der klare Entwicklungslinien von der Mitte des 20. Jahrhunderts bis ins Jetzt zeigt. Die geballte Dichte an hochkarätigen Institutionen macht München immer mehr zu einem Hotspot in Sachen zeitgenössischer Kunst: Pinakothek der Moderne mit ihren vier Institutionen, Sammlung Goetz, Haus der Kunst, Kunstverein München, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München sowie Museum Villa Stuck – welche andere deutsche Stadt kann da mithalten?

 

In den nächsten Jahren wird es nun darum gehen, den bisherigen geografischen Schwerpunkt der Sammlung – Vereinigte Staaten und Deutschland – zu erweitern und ihre Ausrichtung doch stringent zu halten. Die Herausforderung liegt dabei immer in einer „Historisierung der Gegenwart“, wie es Armin Zweite, der ehemalige Direktor der Sammlung Brandhorst, genannt hat: dem Publikum in Echtzeit das zu präsentieren, was aus der Perspektive des künftigen Rückblicks als relevant erscheint. Wenn man so will: den Kanon von morgen. Eine Aufgabe, die die Sammlung in den letzten 47 Jahren beeindruckend vorgeführt hat.