Ladies and Gentlemen (Wilhelmina Ross)
Informationen zum Kunstwerk
- Übersetzter TitelDamen und Herren (Wilhelmina Ross)
- Jahr1975
- MaterialAcryl und Siebdruckfarbe auf Leinwand
- Maße304,8 x 205,1 cm
- Erwerbsjahr2001
- InventarnummerUAB 518
- AusgestelltUntergeschoss
- Copyright© 2024 The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Licensed by Artists Rights Society (ARS), New York., Foto: Haydar Koyupinar, Bayerische Staatsgemäldesammlungen,
Museum Brandhorst, München
Mehr über das Werk
Andy Warhols Werk ist geprägt von der Faszination für die Erscheinung von Personen – für deren Selbstdarstellung und Selbstinszenierung. Das gilt insbesondere für die Dragqueens und Transfrauen, die für seine „Ladies and Gentlemen“-Malereien Modell standen. Mit Hingabe und Humor widmen sie sich der Nachahmung des jeweils anderen Geschlechts, oft kunstvoll überspitzt und angelehnt an die Aufmachung von Stars und Celebrities: „Drags sind wandelnde Archive der idealen Weiblichkeit des Filmstars“, wie Warhol es selbst formulierte.
Die „Ladies and Gentlemen“-Serie war eine Auftragsarbeit für den italienischen Galeristen Luciano Anselmino, der sich Porträts von „gänzlich anonymen und unpersönlichen Tra[ns]vestiten“ wünschte. Warhols Mitarbeiter Bob Colacello, Ronnie Cutrone und Corey Tippin rekrutierten 14 Dragqueens in den Nachtklubs des New Yorker Greenwich Village, die Warhol in seinem Studio, der Factory, fotografierte. Rund 500 Aufnahmen bilden die Grundlage für die 268 Gemälde sowie Zeichnungen, Collagen und Drucke umfassende Serie. Für die von Anselmino beauftragten 105 Malereien sowie ein Portfolio mit 10 Druckgrafiken erhielt der Künstler 900 000 Dollar Honorar. Seinen Protagonist:innen bezahlte er – Warhols profitorientiertes Denken war weithin bekannt – zwischen 50 und 100 Dollar.
Die Malereien zeichnen sich durch leuchtende, pastos aufgetragene Farben aus, in die der Künstler teilweise von Hand hineingearbeitet hat, um Konturen zu unterstreichen oder nachzuzeichnen. Erstmals verwendete er verschiedene Farben für die einzelnen Partien der Porträts. Die Gesichter – fast durchweg in dunklen Tönen gehalten – wirken übertrieben geschminkt, beinahe maskenhaft. Geradezu nachlässig muten die Verschiebungen zwischen Siebdruck und gemalten Partien an, mit denen Warhol den Porträts einen exzentrischen bis grotesken Charakter verleiht.
Viele der Porträtierten waren Schwarze oder People of Color und sind als solche auch in Warhols Bildern erkennbar. Er verewigt sie in der von ihnen gewählten Pose schillernder Souveränität. Gleichzeitig reduziert er die Dragqueens auf die Oberflächlichkeit ihrer Erscheinung (die Namen der Porträtierten wurden erst nachträglich im Titel ergänzt). Die Spannung zwischen Selbstdarstellung und Entindividualisierung durchzieht Warhols gesamtes Œuvre. Doch hier gewinnt sie zusätzlich an Brisanz, denn Schwarze und People of Color blicken auf eine lange Geschichte der Objektivierung und Anonymisierung zurück.