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Portrait von Katherine Hayles
Sprecher:in | N. Katherine Hayles

Künstliche Körper in Bewegung: von Top-down-Kontrolle zu relationaler Einbettung

Abstrakt

Wenn künstliche Intelligenz in mobilen Robotern verankert ist, erweist sich die gewaltige Rechenleistung symbolischer Manipulationen als geradezu hilflos, wenn es darum geht, einen Raum zu durchqueren. In den 1980er-Jahren schlug Rodney Brooks vom Artificial Intelligence Lab des Massachusetts Institute of Technology (MIT) daher eine andere Methode vor, die er „Subsumptionsarchitektur“ nannte. Statt alles mit einem Top-down-Modell zu berechnen, nutzt diese Methode „die Welt als bestes Modell ihrer selbst“ und stützt sich auf die Einbettung des Roboters in eine reale Welt, um in/von dieser das Navigieren zu lernen. Inzwischen wurde diese Methode erweitert, um eine weitere enorme Herausforderung zu bewältigen: die Entwicklung eines Roboters, der imstande ist, stabil und sicher zu laufen. Bei dem vom MIT Gait Lab entwickelten Ansatz werden nicht alle Beine gemeinsam programmiert, sondern jedes Bein soll selbst herausfinden, wie es sich in seiner Umgebung zurechtfindet – in Bezug auf die anderen Beine ebenso wie auf das Gelände. Seitdem hat das Robotik-Unternehmen Boston Dynamics diese Methode mit großem Erfolg für eine Vielzahl von Roboterkörpern adaptiert, von hundeähnlichen Vierbeinern bis hin zu mobilen, mit Gegengewichten versehenen Robotern, die Kartons stapeln können. Aus solchen künstlichen Körpern in Bewegung ergeben sich erhebliche Implikationen für dreidimensionale mobile Objekte im Allgemeinen, darunter auch Skulpturen. Im Geiste von Marcel Duchamps Readymades ließen sich Roboter selbst als mobile Skulpturen betrachten. Als solche eröffnen sie ein Tor zu ökologischen Beziehungen, die das Potenzial haben, eine neue, nachhaltigere und gerechtere philosophische Grundlage für das Menschsein zu liefern, als es neoliberale Marktannahmen tun.

Über N. Katherine Hayles

N. Katherine Hayles ist eine für herausragende Leistungen ausgezeichnete Forschungsprofessorin der University of California, Los Angeles, und emeritierte James B.-Duke-Professorin der Duke University in Durham, North Carolina. Sie veröffentlichte insgesamt elf Bücher, darunter „Unthought. The Power of the Cognitive Nonconscious“ (2017, University of Chicago Press) und „How We Think. Digital Media and Contemporary Technogenesis“ (2015, University of Chicago Press) sowie über 100 peer-reviewte Beiträge. Ihre Buchpublikationen wurden mit mehreren Preisen bedacht, und sie erhielt zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen, darunter zwei Ehrentitel. Sie ist Mitglied der American Academy of Arts and Sciences. Derzeit arbeitet sie an dem Buch „Technosymbiosis. Futures of the Human“, das bei der Columbia University Press unter Vertrag ist.