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Info
Ausstellung

Fünf FreundeJohn Cage, Merce Cunningham, Jasper Johns, Robert Rauschenberg, Cy Twombly

bis

Erstmals nimmt das Museum Brandhorst einen Künstlerkreis in den Fokus, der die Kunst der Nachkriegszeit in Musik, Tanz, Malerei, Skulptur und Zeichnung entscheidend geprägt hat. John Cage (1912–1992), Merce Cunningham (1919–2009), Jasper Johns (*1930), Robert Rauschenberg (1925–2008) und Cy Twombly (1928–2011) schufen durch ihren intimen Austausch eine besondere Verbindung zwischen den künstlerischen Gattungen und Medien. Das Museum Brandhorst rückt damit Cy Twomblys Schaffen, das einen zentralen Sammlungsschwerpunkt darstellt, in ein neues Licht und situiert dessen Praxis erstmals im künstlerischen Umfeld seiner Anfänge.

Ausstellungs­info

Laufzeit

bis

Ort

Erdgeschoss und Untergeschoss

Kuratiert von

Achim Hochdörfer, Yilmaz Dziewior mit Arthur Fink und Anna Huber

Über die Ausstellung

Bilder, Geräusche und Bewegungen aus dem Alltag ergaben ein konzeptuelles Grundgerüst. 

 

Während Cage und Cunningham bereits seit den frühen 1940er-Jahren eine berufliche und romantische Beziehung führten, lernten sich Rauschenberg und Twombly im Frühjahr 1951 in New York kennen. Ab dem Sommer besuchten sie gemeinsam das legendäre Black Mountain College in North Carolina, wo Cunningham und Cage unterrichteten. Rasch entstanden dort enge Verbindungen zwischen den Vieren. Cage verfasste Texte zu den Künstlern, sammelte ihre Werke und seine Theorien flossen wiederum in deren Arbeiten ein. Bilder, Geräusche und Bewegungen aus dem Alltag, die mittels Zufallsoperationen verschränkt wurden, ergaben ein konzeptuelles Grundgerüst.

 

Am Black Mountain College arbeiteten Twombly und Rauschenberg gemeinsam an einer Serie von monochromen White Paintings – die bisher allein Rauschenberg zugeschrieben wurden. Nach einer gemeinsamen Reise durch Europa und Nordafrika 1952/53 teilten sie sich ein Atelier in der New Yorker Fulton Street. Hier entwickelten sie ihre jeweilige Formensprache: Rauschenberg in seinen Combine Paintings und Twombly in seinen graffitiähnlichen ‚Kritzeleien‘. Kurz darauf, 1954, kam Jasper Johns in den Freundeskreis. Bis 1961 arbeiteten Rauschenberg und Johns Seite an Seite und etablierten, was später als „Painting As Object“ kanonisiert wurde.

 

In Cunninghams Tänzen ist die Ästhetik des Camp präsent

 

Die Tanzperformances der Merce Cunningham Dance Company (MCDC) vermitteln den kollaborativen Geist der Künstler wohl am deutlichsten. Cage war bis zu seinem Tod 1992 musikalischer Leiter und zu Beginn auch Tourmanager der MCDC, die 1953 am Black Mountain College gegründet wurde. Von 1954 bis 1964 war Rauschenberg der künstlerische Leiter und als solcher verantwortlich für Beleuchtung, Kostüme und Bühnenbilder. Johns unterstützte ihn bis zu ihrer Trennung 1961 stets bei der Ausführung dieser Elemente und übernahm die Rolle des künstlerischen Leiters, nachdem sich Rauschenberg auf der World Tour 1964 mit Cunningham überworfen hatte. Auch er gestaltete Bühnenbilder, etwa 1968 in Zusammenarbeit mit Marcel Duchamp für die Choreografie Walkaround Time, oder 1970 die Kostüme für Second Hand, eine Huldigung an eine andere für Cage zentrale Bezugsfigur in der Geschichte der französischen Avantgarde: Erik Satie.

 

In Merce Cunninghams Tänzen ist auch die Ästhetik des Camp präsent, die sich durch Stilisierung und Übertreibung trivialkultureller Phänomene auszeichnet. So bedient sich der Choreograf an Tanzfiguren aus dem Vaudeville, Stepptanz oder Bewegungen aus dem American Football. Bei Antic Meet (1958) beispielsweise handelt es sich um eine burleske Komödie: Ein Mann verliebt sich in eine Gesellschaft, deren Regeln er nicht kennt, und versucht während der gesamten Choreografie vergeblich, sich in die Bewegungsmuster der restlichen Tanzenden (der Gesellschaft) einzugliedern.

Der Fokus der Ausstellung auf den freundschaftlichen und künstlerischen Beziehungen lässt die queeren Aspekte in ihrer Kunst hervortreten. In den Arbeiten finden sich zahlreiche versteckte Referenzen auf nicht-heteronormatives Begehren. Die Künstlergruppe brach mit der von Machismo geprägten Rhetorik der Abstrakten Expressionisten. Viele Werke in der Schau nehmen Bezug auf queere Protagonisten der Kunst-, Musik- und Literaturgeschichte, darunter Frank O’Hara, Hart Crane oder die antike Dichterin Sappho. Die Künstler verhandelten durch Codes ihre eigene Sexualität – und dies in der repressiven McCarthy-Ära.

 

Der politische Kontext des Kalten Kriegs und die zunehmende Technologisierung der Gesellschaft durchdrangen die Arbeiten aller fünf Künstler. Rauschenberg pflegte einen geradezu obsessiven Umgang mit amerikanischen (Macht-) Symbolen; Johns berühmteste Arbeiten sind Appropriationen der amerikanischen Flagge und Zielscheiben, die auf Staatsräson und Militärwesen verweisen; Cage beschäftigte sich mit dem Anarchismus bei Henry David Thoreau und war fasziniert von medientheoretischen Konzepten wie dem Global Village.

 

Twomblys vermeintlich entrückte Antikenbezüge in den Gemälden der 1960er-Jahre rekurrieren oft auf konkrete politischhistorische Ereignisse wie die Ermordung von John F. Kennedy oder die Kuba-Krise.
Insbesondere Twombly und Rauschenberg reagierten in ihrem bildnerischen Schaffen auf die Entwicklung der Raumfahrt, so entstand Rauschenbergs Stoned Moon Book 1970 gar im Auftrag der NASA. 1968 schuf Twombly das Gemälde Orion III, das die Planzeichnung eines neuartigen, mit Nuklearenergie angetriebenen Raketensystems aufgreift.

 

Die Mondlandung und die ersten Satellitenaufnahmen der Welt aus dem All hatten weitreichenden Einfluss auf das Natur- und Kunstverständnis. Die Ausstellung endet mit Exponaten aus den 1970er-Jahren: Die Kollaborationen der Fünf intensivierten sich wieder, sie knüpften an ihr Frühwerk an und führten es in unterschiedliche Richtungen weiter. Viele dieser Arbeiten wirken wie aus prähistorischer oder archaischer Zeit: Zivilisationsschrott und organisches Material vermischen sich und lassen die gefestigten Oppositionen zwischen Natur und Kultur, Materie und Geist, Zufall und Intention hinter sich.

 

Somit wird der Bogen von den 1940er- bis in die späten 1970er-Jahre gespannt. Eine Ära, in der die Verflechtung von Kunst, Freundschaft und Liebe zu einem entscheidenden Movens ihres Schaffens wurde. Rauschenberg beschrieb diese Zeit rückblickend: „Wir alle haben mit vollem Einsatz gearbeitet, jedes intensive Gefühl geteilt, und ich glaube, wir haben Wunder vollbracht, allein für die Liebe.“

 

Mit über 180 Kunstwerken sowie Partituren, Bühnenrequisiten, Kostümen, Fotografien und Archivalien ermöglicht die Schau einen Einblick in das Zusammenspiel der fünf Künstlerfreunde.⁠

 

Die Ausstellung findet in Kooperation mit dem Museum Ludwig Köln statt.

Festival Fünf Freunde

Ergänzend zur Ausstellung findet das „Festival Fünf Freunde“ mit Tanzaufführungen und Konzerten im Rosensaal von Cy Twombly statt, welches die Werke von Merce Cunningham und John Cage in den Mittelpunkt rückt.

Sabine Liebner Portrait

Sabine Liebner: John Cage Klavierkonzerte

Sabine Liebner, international anerkannte Pianistin Neuer Musik, gilt als eine der bedeutendsten Interpret:innen des Klavierwerkes von John Cage und zählt weltweit zu den wenigen Musiker:innen, die Cages „Etudes Australes“ integral aufführten. Ihre umfangreiche Diskografie, Rundfunkaufnahmen und Einladungen zu internationalen Festivals zeugen von ihrer außergewöhnlichen künstlerischen Arbeit, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde (u. a. WIRE REWIND, fff TÉLÉRAMA, scherzo Disco Excepcional, Auszeichnungen von The New York Times, The Guardian, BBC, Goethe-Institut, mehrfache Nominierung für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik und OPUS Klassik). Erleben Sie Liebners Interpretation von Cages Klavierwerken im Rosensaal von Cy Twombly.

Festival Fünf Freunde

BRSO Konzerte

Musiker:innen des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks spielen ausgewählte Stücke des Komponisten John Cage inmitten der Rosenbilder von Cy Twombly.

Festival Fünf Freunde

Performances Gärtnerplatztheater

„Dancing Postmodernism“ zeigt eine einmalige Verbindung von historischer Dokumentation und lebendiger Umsetzung. Die Company des Gärtnerplatztheaters rekonstruiert in den Ausstellungsräumen einige von Cunninghams packendsten Arbeiten. Erleben Sie die tanzende Spätmoderne im Museum.

Festival Fünf Freunde

Der Soundtrack zur Ausstellung

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Cy Twombly Orion III (New York City), 1968UAB 447

Music Dance Performance

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